383.000 Menschenleben hat der Bürgerkrieg gekostet, der fünf Jahre lang im Südsudan tobte. Die Menschen leiden unter Hunger, Gewalt und Krankheiten, ein Drittel der Bevölkerung hat die Flucht ergriffen. Nun haben die Kriegsparteien ein Friedensabkommen geschlossen.
Ein junges Land
Der Südsudan ist das jüngste Land der Erde – und hat dabei so viel Krieg gesehen wie kaum ein anderes. Ihrer Unabhängigkeitserklärung am 11. Juli 2011 von Sudan war ein 22 Jahre währender Bürgerkrieg zwischen den hauptsächlich muslimischen Sudanesen und dem christlich geprägten Südsudan vorausgegangen, dem zwei Millionen Sudanesen zum Opfer gefallen waren. Erst 2005 kam ein Friedensabkommen zwischen der Zentralregierung des Sudan und der südsudanesischen Volksbefreiungsbewegung zustande. Es beinhaltete ein Referendum der Südsudanesen zur Unabhängigkeit, das im Januar 2011 schließlich tatsächlich durchgeführt wurde, und in dem 99 Prozent der Bevölkerung für die Unabhängigkeit stimmten. Obwohl sich auch der Sudan gezwungen sah, den Südsudan als autonomen Staat mit einer eigenen Regierung anzuerkennen, bedeutete dies nicht das Ende der Konflikte. Immer wieder kam es in den letzten Jahren zu Grenzstreitigkeiten und erneuten Spannungen.
Vom Krieg gebeutelt
Die Südsudanesen hatten sich mit der Unabhängigkeit vor allem das Ende der Kriegskonflikte und Frieden erhofft – doch kaum zwei Jahre später liegt das so fern wie nie. Schon 2011 hatte die Welthungerhilfe vor einem Bürgerkrieg gewarnt, 2013 kommt es tatsächlich so weit. Grund war ein Streit zwischen Präsident Salva Kiir und Vizepräsident Riek Machar. Kiir warf seinem Vize einen Putschversuch vor und entließ ihn, Machar jedoch bestritt die Vorwürfe. Zunächst kam es zu Kämpfen zwischen den Soldaten der Nationalgarde, die durch unterschiedliche Loyalitäten gespalten war. Die Kämpfe weiteten sich jedoch schon bald auf die Bevölkerung aus. Der Streit zwischen zwei Machthabern entwickelte sich zu einem ethnischen Konflikt: Es kämpften Unterstützer von Kiir aus dem Volk der Dinka gegen Unterstützer des Rebellenführers Machar aus dem Volk der Nuer. Der höchst gewaltsame Konflikt war geprägt von Massakern auf beiden Seiten, Menschenrechtsverletzungen häuften sich. Zivilisten litten unter Vertreibung und Hunger. Vor wenigen Monaten hat die UNO den Regierungstruppen unter Kiir zahlreiche Gräueltaten vorgeworfen. Sie nannte “vorsätzliche, skrupellose und brutale“ Angriffe auf Frauen und Kinder, hunderte Hinrichtungen und Vergewaltigungen. Menschen seien an Bäumen aufgehängt und in ihren Häusern bei lebendigem Leibe verbrannt, Senioren und Menschen mit Behinderung grausam getötet worden. Auch den Rebellen wird menschenverachtendes Verhalten vorgeworfen. Für das Jahr 2018 sollen 1.1 Millionen Menschen akut mangelernährt sein, 5.5 Millionen Menschen benötigen Lebensmittelhilfe. Vier Millionen Südsudanesen sind auf der Flucht. Zwei Drittel der Kinder gehen nicht zur Schule. Alle Bemühungen um Friedensverträge scheiterten – bis jetzt.
Hoffnung auf Frieden
Nun haben die Kriegspartner im August 2018 ein Friedensabkommen geschlossen, das unter anderem eine Teilung der Macht vorsieht. Alle Parteien bekennen sich in dem Abkommen, in dessen Verhandlungen der Sudan vermittelt hatte, zu einem Waffenstillstand. In den drei Monaten nach Inkrafttreten des Abkommens soll eine Übergangsregierung gebildet werden, deren Amtszeit auf drei Jahre angelegt ist. Kiir erhält dabei das Amt des Präsidenten, Machar das des Vizepräsidenten. Ferner soll es 35 Minister geben, 20 von ihnen werden von Kiir bestimmt, neun von Machar und die übrigen sechs von Vertretern anderer Gruppen. So soll die politische Macht unter allen Konfliktparteien aufgeteilt werden. Genauso sollen auch in der Armee alle Ethnien vertreten sein und eine Dominanz einer Volksgruppe, wie vorher die der Dinka, verhindert werden. Wie die Sudan Tribune berichtete, sollen außerdem Truppen von Beobachtern der Afrikanischen Union und des regionalen Staatenbundes IGAD zur Gewährleistung der Sicherheit im Südsudan stationiert werden.
In der Zwischenzeit hat Südsudan nun drei Hauptstädte. Auch die Ölförderung soll wieder aufgenommen werden. Machar bekräftigte, “Mit diesem Waffenstillstandsabkommen soll der Krieg zu Ende gehen“, und auch Kiir gelobte, “Ich werde euch, die Menschen von Südsudan, nicht enttäuschen“.
Das Leid bleibt
Ob dies tatsächlich das Ende des Krieges für die Menschen im Südsudan bedeutet, ist fraglich. Schon vor drei Jahren hatte es ein ähnliches Friedensabkommen gegeben – es war gescheitert. Und selbst wenn der Bürgerkrieg nun ein Ende findet, so ist das Leid der Bevölkerung noch nicht vorbei. Felder liegen brach, kaum Vieh hat die letzten Jahre überlebt, die Nahrungsmittelpreise erreichen Höhen, die den Kampf gegen Hunger fast unmöglich machen. Wie die neuesten Rechnungen des WFP-Index zeigen, kostet einen Südsudanesen eine einfache Mahlzeit zwei Tageseinkommen – das ist so, als müsste ein durchschnittlicher Bürger in New York für ein schlichtes Essen 346 Dollar bezahlen. Der Südsudan steht vor einer Hungersnot. Nach Angaben von Unicef sind 300.000 Kinder vom Hungertod bedroht. Das jüngste Land der Erde benötigt dringend internationale Hilfe. Um die Menschen eines Staates zu unterstützen, der noch keinen Frieden kennt, sind jetzt vereinte nationale und internationale Anstrengungen nötig.
Autorin: Katharina Moser
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