Unser neuer Pater Rektor Löwenstein SJ ist nun seit den Sommerferien an unserer Schule. Wir haben ihn um einen Interviewtermin gebeten, um ihn ein wenig näher kennenzulernen und ihn unseren Lesern etwas genauer vorstellen zu können. Bei diesem Termin konnten wir schon eines gleich feststellen: Pater Löwenstein ist viel in Bewegung. Stehenbleiben oder gar Stillstand – scheint es für ihn nicht zu geben, dabei wirkt er entspannt und hört aufmerksam zu. So haben wir ihn während unseres Gesprächs nicht nur in der Verwaltung des AKOs angetroffen, sondern sind mit ihm auf dem Schulhof spazieren gegangen und haben die Mensa bei einem gemeinsamen Mittagessen besucht.
Lieber Pater Löwenstein, haben Sie sich mittlerweile an unserer Schule gut einleben können?
Das Ankommen wird noch eine ganze Weile weitergehen. Noch gibt es fast jeden Tag etwas Neues. Zum Glück sind da oft sehr schöne, spannende Begegnungen dabei. Wie sehr ich angekommen bin, habe ich dieser Tage gemerkt. Da ist mir aufgefallen, dass ich letzte Woche von etwas aus 2013 gesprochen und gesagt habe: „Wir haben vor vier Jahren….“. Wir! Offenbar fühle ich mich schon ganz gut dazugehörig.
Ist es Ihnen denn schwergefallen, Hamburg zu verlassen und nach Bonn zu kommen?
Für Rheinländer scheint es klar, dass es nichts Schöneres geben kann, als hierher kommen zu dürfen (lacht). Da arbeite ich noch an mir.
Was waren in Hamburg Ihre Aufgaben und wie können Sie diese hier am AKO vielleicht einbringen?
In Hamburg durfte ich am Kleinen Michel als Priester arbeiten. Das war sehr spannend. Eine lebendige, bunte, internationale Kirche in der Innenstadt zwischen Hafen, Jungfernstieg und Reeperbahn, in einer selbstverständlichen Partnerschaft mit vielen anderen christlichen Konfessionen. Ich habe da ganz viele Erfahrungen sammeln können, dass der christliche Glaube trägt und inspiriert. Und die Hamburger Katholiken sind meist nicht wie die Rheinländer schon seit dem ersten Jahrhundert vor Christus urkatholisch und ortsansässig, sondern Zuwanderer aus Asien, Schwaben, dem Emsland, Afrika oder anderen Weltgegenden. Diese Vielfalt ist ein Geschenk. Das ist wahrhaft katholisch. Außerdem ist ein großer Unterschied, dass es am Kleinen Michel gerade mal zweieinhalb hauptamtlich Stellen gab, aber zum jährlichen Empfang der Ehrenamtlichen über 120 Leute einzuladen waren. Dazu über 40 Ministranten. Das ist Kirche. Aber Schule funktioniert natürlich anders; da ist Professionalität unverzichtbar.
Gibt es denn Projekte, die Sie am AKO fortführen wollen. Oder anders gefragt: gefallen Ihnen Dinge an unserer Schule besonders gut oder welche Projekte wollen sie neu starten oder ergänzen?
Das große Projekt heißt: Zuhören und lernen. Leider gibt es ganz viele Bereiche, wo ich gleich voll mit eingebunden bin, ohne dass ich mir das aussuchen kann, weil Probleme sich ganz von allein wichtig machen. Da ist viel im Hintergrund, was Schüler nicht so mitbekommen. Verwaltung ist nicht immer so spannend.
Ein erstes echtes Projekt ist für mich das AKO Internat. Vieles, was das AKO ausmacht, das ja weit mehr ist als nur Schule und Unterricht, hängt mit dem Internat zusammen. Da ist die Situation, dass das Internat jetzt in den beiden Neubauten mit dem Pädagogenteam richtig gut aufgestellt ist und gut läuft. Aber das Internat hat einen ziemlichen Wandel hinter sich und dazu gehört auch, dass wir nicht mehr in die noble Stella gehen. Für die heutigen Schüler ist das kein Problem. Hingegen meinen viele Altschüler, das es nicht mehr so toll sei wie früher. Wir müssen aber natürlich auch die Altschüler gewinnen. Ich finde den Wandel gut, und das neue Internat muss sich in den kommenden zwei Jahren konsolidieren und in allen Klassenstufen wieder wachsen. Unser Ziel ist es, bis 2019 auf mindestens 80 Interne zu wachsen. Das ist realistisch und langfristig tragfähig. Unsere Stärke ist, dass das Kolleg an dem Punkt inhaltlich gut auf dem Weg ist.
Welche prägenden Schulerlebnisse hatten Sie in Ihrer Kindheit oder Jugendzeit? Gibt es etwas, dass Sie heute Lehrern empfehlen würden? Und gibt es etwas, das Lehrer vermeiden sollten? Das Gleiche gilt natürlich auch für uns Schüler …
Ich habe selbst eine staatliche Schule besucht, in der es praktisch nichts gab als den reinen Unterricht. Und es war wohl nicht zuletzt Dank einer unflexiblen Schulleitung, dass es da kaum Motivation auf mehr gab. Darunter hat dann auch das „Kerngeschäft“, also der Unterricht, gelitten. Ich sage das auch zur eigenen Legitimation, warum meine Präsenzzeiten als Schüler in der Schulzeit etwas kreativ gewesen waren …
Umgekehrt hatte mir diese Schule viel Motivation und Raum geboten, mich in der Schülervertretung und schulpolitisch zu engagieren. Wir hatten zum Beispiel einen politisch-philosophischen Zirkel, der sich immerhin an fünfzig Abenden in diesen Jahren getroffen hat – nur wir Schüler mit Aristoteles, Marx und anderen. Unsere Schülerzeitung erschien mit 2.000 Exemplaren an mehreren Schulen in Südhessen. Und die Themen waren in den 1970er Jahren natürlich sehr politisch. Damals habe ich gelernt, mich zu engagieren. Und nicht zuletzt hatte ich darüber einen Jesuiten kennengelernt und kam dadurch auf die Idee, dort nach dem Abi anzuklopfen.
Heute beschäftigen uns ja mehr die Themen wie Digitalisierung, Flüchtlinge und Globalisierung: Was kann und sollte das AKO im Hinblick auf diese Herausforderungen tun?
Ich glaube, das große Projekt von Schule ist es heute, die Spannung auszuhalten zwischen einer Welt, die im Fluss ist – technisch, kulturell, religiös. Andererseits muss Schule der Aufgabe gewachsen sein, verlässlicher Ort und Bezugspunkt zu sein, an dem junge Menschen diesen wichtigen Teil ihres Lebens verbringen, gut lernen, gut als individuelle Person angenommen und gefördert werden. Ich sehe, dass in den unteren Jahrgängen am AKO schon mehr soziale und kulturelle Vielfalt da ist. Das finde ich gut, denn das ist eine der wichtigsten Kompetenzen, die wir als Kolleg vermitteln können: In Teams von verschiedenen Menschen zu lernen und zu arbeiten. Aus Hamburg weiß ich, dass wir da als Katholiken besonders herausgefordert sind, aber auch auf gute Erfahrungen der weltweiten Kirche und der ignatianischen Pädagogik vertrauen können.
Pater Löwenstein, vielen Dank für das Gespräch!
Interview: Victor Abs
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