Eine Billionen Bäume will er mit seiner gemeinnützigen Organisation „Plant-for-the-Planet“ pflanzen: Felix Finkbeiner (21 Jahre) hat 2007 mit einigen Mitstreitern diese Jugendinitiative ins Leben gerufen. Er will auf den Klimawandel, der durch unsere viel zu hohen Emissionen hervorgerufen wird, aufmerksam machen und gleichzeitig aktiv gegen dieses Problem vorgehen. Mit mittlerweile rund 70.000 Jugendlichen aus 67 Ländern hat Felix über 15 Milliarden (!) Bäume gepflanzt und kommt somit seinem ambitionierten Ziel immer näher. In unserem Gespräch erzählt er uns von seinem weltweit bekannten Projekt und gibt Euch Tipps, wie ihr Euch selber für unseren Planeten engagieren könnt.
Im Alter von neun Jahren eine Schülerinitiative zu gründen, die später einmal weltweit erfolgreich werden sollte, ist sehr außergewöhnlich – was hat Dich dazu angetrieben? Ich habe gehört, es soll alles mit einem Referat über die Gefahr von Eisbären angefangen haben?
Nicht ganz. Das mit dem Eisbären war so: Ich bekam einen Plüsch-Eisbären geschenkt, als ich fünf war. Der Eisbär wurde mein Lieblingstier. Als ich dann später erfuhr, dass die Kimakrise ihn bedroht, wollte ich ihn unbedingt retten. In der vierten Klasse dann bat uns unsere Lehrerin, mehr über die Klimakrise herauszufinden, denn 2007 war der Winter sehr warm. Ich sollte ein Referat halten. Ich recherchierte, und verstand zwei Dinge: Erstens, es geht nicht nur um den Eisbären, sondern um die Zukunft von uns Kindern und Jugendlichen. Und zweitens las ich darüber, wie Bäume das Treibhausgas CO2 pflanzen, das die Klimakrise anheizt. Bäume können also helfen, unsere Zukunft zu retten. Ich endete mein Referat mit der Idee: „Lasst uns in jedem Land der Erde eine Million Bäume pflanzen!“ Drei Jahre später hatten wir das in Deutschland erreicht
Hattest Du für Deine Initiative Vorbilder bzw. gibt es ein Projekt, das Dir auch heute noch als Vorbild dient?
Mein großes Vorbild ist Wangari Maathai. Ich las ihre Geschichte, als ich das Referat vorbereitet. Sie war die erste Professorin Afrikas, bekam später den Friedensnobelpreis. Und pflanzte gemeinsam mit vielen Frauen in Afrika 30 Millionen Bäume. Heute gibt es viele großartige Pflanzprojekte und Klimaschutz-Initiativen, zum Beispiel die Suchmaschine Ecosia, oder 350.org.
Wie sehr hat Dich Deine Familie geprägt und Dich in Deinen frühen Vorhaben unterstützt?
Klar, meine Schwestern und meine Eltern haben mich von Anfang an unterstützt. Mein Vater hatte damals schon selbst mit vielen Initiativen für eine gerechtere Welt gearbeitet. Kurz zuvor hatte er eine Pressekonferenz gegeben – aber kaum Journalisten interessierten sich. Als ich über unsere Baumpflanz-Aktionen eine Pressekonferenz geben wollte, sagte er schon zuvor: Sei nicht enttäuscht, wenn niemand kommt. Er war dann genauso überrascht wie ich selbst, als mehr als 500 Berichte über uns erschienen. Da wussten wir: Die Erwachsenen nehmen uns Kinder ernst.
Mit 13 Jahren hast du vor den Vereinten Nationen in New York gesprochen. Dafür braucht man sicher eine Menge Mut und innere Überzeugung – wie war das damals, wie hast Du das gemeistert?
Als Kind war mir gar nicht bewusst, was es bedeutet, vor den Vereinten Nationen zu sprechen. Natürlich war ich aufgeregt, aber nicht viel mehr, als bei anderen Vorträgen. Bis dahin hatten wir ja immer gesagt: Wir wollen eine Million Bäume pro Land. Vor den Vereinten Nationen war die Chance, ein richtig großes Ziel zu fordern: 1000 Milliarden Bäume, also eine Billion.
Eine Billionen Bäume zu pflanzen ist ein äußerst anspruchsvolles Ziel. Wie wollt Ihr das ermöglichen? Und warum sind Bäume Deines Erachtens so wichtig, oder sogar Schlüssel unserer Probleme?
Mit einer Billion Bäumen speichern wir ein Viertel des menschgemachten CO2. Sie geben uns einen Zeitjoker im Kampf gegen die Klimakrise. Wir alle wissen, dass unser Treibhausgas-Ausstoß runter auf null muss. Aber das passiert viel zu langsam. Nur mit vielen Bäumen haben wir die Chance, die Katastrophe abzuwenden. Wir selbst, also Plant-for-the-Planet, können natürlich keine 1000 Milliarden Bäume pflanzen Auf unserer neuen Plattform, der Trillion Tree Campaign, versuchen wir, Pflanzprojekte auf der ganzen Welt zusammenzubringen. Es geht nicht darum, dass wir alleine eine Billion Bäume pflanzen, sondern alle Menschen auf der Welt sollen mithelfen. Das wären 150 Bäume pro Mensch. Leute, die keine Pflanzfläche zur Verfügung haben, können spenden und wir pflanzen die Bäume dann für sie. Für 20 Euro pflanzen wir 20 Bäume.
Wie erreicht Ihr so viele Menschen, dass Ihr nun schon über 15 Milliarden Bäume weltweit pflanzen konntet? Wie schafft Ihr es, so viel Menschen zu überzeugen, Euch Geld zu spenden? (Stichworte: Social Media, Presse, Kampagnen, Kooperationspartner, etc.)
Bei Plant-for-the-Planet sind ungefähr 70.000 Kinder und Jugendliche, die sich weltweit engagieren. Sie halten Vorträge, mit denen sie zum Beispiel Unternehmen für unsere Sache begeistern, die die finanziellen Möglichkeiten haben, sehr viele Bäume auf einmal zu pflanzen. Außerdem vertreiben wir die Gute Schokolade in Deutschland und Österreich, mit der wir sehr viele Menschen erreichen. Für je fünf verkaufte Tafeln pflanzen wir einen Baum.
Angesichts schwieriger werdender Zeiten mit einem US-Präsidenten, der den Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen angekündigt hat, oder China, das immer stärker wächst, wird Euer Projekt sicherlich nicht leichter – wahrscheinlich eher komplizierter. Wie bedeutsam sind die politischen Entwicklungen für Plant-for-the-Planet?
Natürlich sind die Entwicklungen auf der politischen Ebene bedeutend, aber wir sehen auch, dass die Staaten das, was sie eigentlich versprochen haben, schon kaum finanzieren können. Erst recht nicht die massiven zusätzlichen Einsparungen und die Aufforstung, die wir brauchen. Dazu brauchen wir einen neuen Player der Klimapolitik: die Unternehmen und die 1 bis 2 Prozent der reichsten Menschen auf der Welt. Aber auch politisch tut sich etwas: Kürzlich sagte der EU-Klimakommissar Miguel Arias Cañete dem Handelsblatt, dass die EU 2050 klimaneutral sein soll. Hoffentlich setzt sich die Kommission damit durch.
Hattet Ihr auch schon in diesem Zusammenhang mit Rückschlägen zu kämpfen?
Ja, es gab einmal einen großen Rückschlag. Ich hielt einen Vortrag vor hunderten Chefs und Verantwortlichen aus der Süßwarenindustrie. Mein Vorschlag war: Ihr gebt uns einen Euro je Tonne verkaufte Schokolade als „Future Fee“. Wir pflanzen davon Bäume und bilden noch mehr Kinder aus. Als ich auf der Bühne stand und fragte, wer mitmacht, stand kein einziger auf. Ich war richtig wütend. Zuhause hatte dann aber einer von uns die Idee, eine eigene Schokolade zu machen. So entstand die Gute Schokolade, die kürzlich auch von der Stiftung Warentest als beste Milchschokolade bewertet wurde!
Abgesehen von der Billion Bäume, welche konkreten Pläne hast Du für die Zukunft von Plant-for-the-Planet?
Aktuell pflanzen wir unsere Bäume auf stiftungseigenem Grund auf der Halbinsel Yucatán in Mexico. Vor Ort wollen wir eine nachhaltige Forstwirtschaft etablieren und gleichzeitig Arbeitsplätze für die Menschen aufbauen. Unsere Pflanzflächen müssen auch in Zukunft gut gepflegt werden. Einzelne Bäume möchten wir entnehmen und im Land selbst zu langlebigen Holzprodukten, zum Beispiel Möbel, verarbeiten. So wird das von den Bäumen aufgenommene CO2 für lange Zeit gespeichert. Im Zuge dessen müssen die Wälder wiederaufgeforstet werden. Im globalen Süden wären mehrere solcher Projekte denkbar, zum Beispiel in Afrika.
Was würdest Du unseren jungen Lesern raten, die sich selber engagieren und eine eigene Initiative gründen wollen? Oder wie könnten sie sich in andere Initiativen einbringen? Was wären die Voraussetzungen? Was sind die größten Anfangsfehler, was sollte man unbedingt tun?
Wer einen Plant-for-the-Planet Club gründen will, muss erstmal nur ein paar Mitstreiter suchen. Dokumente und Infos gibt es auf unserer Webseite. Und das ist auch der Tipp für alle, die irgendwie eine Initiative ins Leben rufen wollen: Holt euch Hilfe, lasst euch von Erwachsenen helfen. Aber vor allem: Macht einfach, traut euch, glaubt an eure Idee!
Und wie sehen Deine Pläne für Deine ganz persönliche Zukunft aus? Wo siehst Du Dich in 10 Jahren?
Menschen weltweit zu motivieren,1000 Milliarden Bäume zu pflanzen, ist ein großes Ziel und wird mich sicher noch einen Weile beschäftigen. Langfristig könnte ich mir vorstellen in die deutsche Politik zu gehen.
Vielen Dank für das Gespräch Felix!
Autor: Victor Abs
Um Euch für Eure Zukunft einzusetzen, könnt Ihr ganz einfach bei Plant-for-the-Planet mitmachen und an einer Akademie in Eurer Nähe teilnehmen. Dort werdet Ihr zu Botschaftern für Klimagerechtigkeit ausgebildet und könnt dann Vorträge halten, Clubs gründen oder Verkostungsaktionen mit der Guten Schokolade anbieten und die Botschaft in die Welt tragen: Pflanzt Bäume! Hier ist der Link, unter dem ihr die Termine der Akademien findet:
www.plant-for-the-planet.org/de/mitmachen/akademien
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