Die Bayreuther Festspiele: das sind im Sommer fünf Wochen lang Wagner-Opern auf dem sogenannten Grünen Hügel in Bayreuth, spektakuläre High-Tech-Bühnenbilder und Effekte, die, wie in der Oper Parsifal, in diesem Jahr nur mit einer Augmented Reality Brille zu sehen waren. Rekorde, wer welche Partie in Wagners Opern am häufigsten sang, werden für Bayreuth gehalten und gebrochen.
Jedes Jahr gibt es Darbietungen auf musikalischem Spitzen-Niveau und Kritiken, die manchmal vernichtend sind, andere Male die Inszenierungen und musikalischen Leistungen aufs Höchste loben. Geschmäcker sind verschieden und trotz oder vielleicht deswegen sind die Aufführungen (fast) immer ausverkauft. Während man in der vergangenen Jahren oftmals lange Zeit auf ein Ticket warten musste, gab es in diesem Jahr sogar noch „Restkarten“, wenngleich vielleicht auch nicht zur erhofften Oper und in gewünschter Sitzreihe.
Wagner-Oper in Bayreuth bedeutet auch: ungewöhnlich lange Aufführungen. Wagner-Opern sind zwar von Natur aus schon nicht bekannt für ihre Kürze, aber in Bayreuth dauert eine Aufführung dennoch länger als anderswo. Das hängt damit zusammen, dass die Pausenlängen in Bayreuth auf 60 Minuten festgesetzt sind. Das geht auf Richard Wagners Zeiten zurück, hat also gute Tradition und gibt den Zuschauern die Möglichkeit, sich während der einzelnen Akte dank eines vielfältigen gastronomischen Angebots zu stärken, frische Luft zu schnappen und die Füße zu vertreten. Ganz wie früher verfügt das Festspielhaus über keine Klimaanlage und das ist bei sommerlichen Temperaturen für Zuschauer, aber erst recht für die Sänger und das Orchester Höchstleistung. Und so mancher Musiker im Musikergraben sitzt bei extremen Temperaturen im für die Zuschauer nicht einsehbaren Orchestergraben in kurzer Hose. Zu sehen bekommt man das Orchester nur ein einziges Mal – nämlich beim Schlussapplaus der letzten Aufführung einer Saison.
Gute Tradition wird auf dem Grünen Hügel auch beim „Gong“ für die Pause gepflegt. Kein Klingeln und kein Gong läuten den Beginn bzw. das Ende der Pausenzeiten ein, sondern die sogenannten Pausenmusiker treten mit ihren Blechblasinstrumenten eine Viertelstunde vor Beginn auf dem Balkon des Festspielhauses auf. Was sie spielen ist immer eigens komponiert und ist abgestimmt auf ein Motiv des nächsten Aktes oder Aufzugs.
Das Festspielhaus.
Der Grundstein des Festspielhauses wurde vor 150 Jahren gelegt. Eigentlich war Wagner pleite, und fragte Ludwig II. nach einem Kredit. Dieser ließ Geldanfragen von seinem hochverehrten Komponisten lange Zeit unbeantwortet, bis er 1874 dennoch einen Kredit gewährte (nach heutigem Maßstab etwa 1,7 Millionen Euro), sodass am 13. August 1876 die ersten Bayreuther Festspiele beginnen konnten. Der Kredit wurde übrigens von der Familie Wagner bis 1906 vollständig zurückbezahlt.
Richard Wagner war übrigens ein Mensch, der ständig mit den Traditionen haderte, Institutionen wie Behörden, Schulen oder andere staatliche, das Leben reglementierende Einrichtungen ablehnte und revolutionär dachte. Bei der aktuellen Inszenierung des Tannhäuser wird ein Zitat Richard Wagners Teil der Aufführung und hängt als Plakat nach dem zweiten Akt am Festspielbalkon:
„Frei im Wollen
Frei im Thun
Frei im Genießen“
R.W.
Wer einmal Wagners Opern genießen will, dem ist Bayreuth einfach zu empfehlen.
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