Die Corona Krise hat viele vor eine Wand gestellt. Fundamentale Sachen wie Unterricht mussten komplett überdacht werden. Somit hat die Corona Krise dafür gesorgt, dass Digitalisierung, die jahrelang aufgeschoben wurde, endlich angegangen wurde in einem nie dagewesenen Tempo. Hat das nur positive Auswirkungen oder bleiben wichtige Bedenken dabei auf der Strecke?
Wir hatten Glück im Unglück. Als der Lockdown begann, hatte unsere Schule schon funktionierende Konzepte bereitstehen und mit itslearning gerade eine neue relativ gute Plattform bereitstehen. Damit waren wir einigermaßen gut aufgestellt und deutlich besser dran als viele andere Schulen. Es ist fraglich, ob sich viele überhaupt die Mühe gemacht hätten diese Plattform zu nutzen, ohne diesen Zwang. Doch nun ist es nicht allzu unwahrscheinlich, dass itslearning ein fester Bestandteil bleiben wird.
Wer nicht so viel Glück hatte, musste aus dem Stand mit Plänen aufkommen, möglichst schnell solche Infrastrukturen aufzubauen. Diese Situation trifft auf Schulen, Großkonzerne etc. zu. Manche hatten diese Infrastrukturen schon, manche hatten zumindest die Möglichkeiten, relativ einfach auf diese umzusteigen und andere waren wahrscheinlich voller Panik und haben möglichst schnell was auf die Beine gestellt. Dies spiegelt sich auch in Statistiken wieder, während des Lockdowns gingen so viele Laptops etc. über die Theke, dass teilweise kaum noch welche erhältlich waren, wobei natürlich auch Produktionsschwierigkeiten eine Rolle gespielt haben. Wenn man auf die letzten Monate zurückblickt, könnte man meinen, dass eigentlich alles gut gelaufen ist, was die Digitalisierung anbelangt. Das Internet ist nicht wegen Überlastung zusammengebrochen (was irgendwie auch eine lächerliche Vorstellung war), Lehrer konnten Aufgaben zumindest per E-Mail schicken und Angestellte häufig ihre Arbeit genauso gut im Home Office erledigen, laut einer Studie wollen 40% der Firmen Home Office nach Corona sogar beibehalten. Warum auch nicht? Viele Berufe lassen sich ja zumindest theoretisch auch von zu Hause erledigen. Ein Kundenservicemitarbeiter kann Anrufe und E-Mails auch von zu Hause beantworten, Programmierer ihre Programme von zu Hause schreiben, alles kein Problem.
Probleme gibt es überall
Und doch traten auch Risse in dieser Idee auf. Die erste große Sache, die kritisiert wurde, waren die Datenschutz- und Sicherheitsprobleme bei Zoom, eine Plattform für Videokonferenzen und Videochats, die von vielen zwar auch schon vorher genutzt wurde, aber durch Corona nochmal von sehr viel mehr Leuten verwendet wurde. Dies führte dazu, dass viele Regierungen und Unternehmen den Einsatz von Zoom verboten haben. Verständlich, immerhin werden über solche Plattformen vertrauliche Daten weitergegeben. Doch während hier noch die Lösung relativ einfach war, indem man einfach auf einen anderen Anbieter umsteigt, sahen sich viele Unternehmen auch mit deutlich komplizierteren Problemen konfrontiert. Viele Unternehmen haben besonders hohe Sicherheitsstandards, gerade wenn es um interne Firmengeheimnisse geht. Dies ist kein großes Wunder, immerhin sind Hackerangriffe auf Unternehmen heutzutage an der Tagesordnung. Im April 2019 hat die Telekom 46 Millionen Hackerangriffe an einen Tag auf von ihnen ausgelegte „Honeypots“ registriert (Honeypots simulieren Schwachstellen in IT-Anwendungen, ohne dabei das System zu gefährden). Forschung und Entwicklung sind sehr teuer. Daher verbieten Unternehmen wie Apple es ihren Angestellten, Prototypen etc. mit nach Hause zu nehmen und erlauben keinen Zugriff auf sensible Daten von außen. Für Home-Office bräuchten die Angestellten aber diesen Zugriff und müssten natürlich die Daten und Prototypen mitnehmen dürfen. Letztendlich hat Apple seine Angestellten, die in diesen Bereichen arbeiteten, trotz Corona kommen lassen. Das Risiko, dass interne Geheimnisse geleakt werden könnten, war für das Unternehmen einfach zu groß und wurde als größer wahrgenommen als das Risiko, dass Angestellte sich infizieren könnten.
Wie effektiv ist „Remote-Working“?
Neben den Datenschutz und Sicherheitsbedenken gibt es natürlich auch die simplen Sorgen, dass Angestellte zu Hause weniger effektiv arbeiten. Ist ja keiner da, der aufpasst, und Ablenkung gibt es genug. Während die ersten Beobachtungen zwar gezeigt haben, dass solche Sorgen unbegründet sind, hat sich inzwischen ein ganzer Markt für Software aufgetan, die Angestellte überwachen soll und deren Produktivität aufzeigen soll. Während Unternehmen daran natürlich ein berechtigtes Interesse haben, wird man aufpassen müssen und einen Balanceakt zwischen den Interessen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber gehen müssen. Corona hat eine Veränderung ausgelöst, die sich trotz aller Bedenken nicht einfach stoppen lassen wird. Die ganzen digitalen Möglichkeiten werden nicht mehr verschwinden. Die Vorteile liegen auf der Hand. Keine Anfahrt, weniger Büroraumbedarf, Angestellte, die effektiver von zu Hause aus arbeiten und eine weitere Optimierung von Arbeitsplatzabläufen. Wir müssen dafür sorgen, dass eine gute Infrastruktur und gute sichere Bedingungen für diese Zukunft geschaffen wird. Wir brauchen zwar nicht an jeder Milchkanne 5G, aber wir brauchen für jeden die Möglichkeit, auf ein schnelles Internet zugreifen zu können. Was für uns jetzt noch eine Ausnahme ist, könnte schon bald der digitale Alltag sein. Dann haben die, die ohne schnelles Internet auskommen müssen, einen enormen Nachteil und Sicherheitslücken noch gravierendere Auswirkungen. Damit es nicht dazu kommt, wird es Zeit, jetzt zu investieren und nicht weiter solche fundamentalen Themen aufzuschieben.
Autor: Bastian Sternecker
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