Schon August Macke fand: „Paris muss wohl die schönste Stadt der Welt sein“. Und er war nicht der Einzige, der so dachte. Die detaillierten Fassaden haben viele berühmte Persönlichkeiten wie magisch angezogen: In Paris lebten Picasso und Chopin, Maria Callas und Heinrich Heine, und in dieser Stadt setzte Benjamin Franklin vor über 200 Jahren dem Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg ein Ende.
Denn wenn man durch die Straßen in der Nähe des Gare Montparnasse flaniert, ein warmes Pain au chocolat frisch aus der Patisserie in der Hand, die vielen kleinen Boutiquen und Schaufenster bestaunt, oder morgens auf dem Schulweg von dem Anblick des Eifelturms im Morgengrauen verzaubert wird, bleiben einem keine Zweifel – August Macke hatte völlig recht, Paris ist wunderschön. Doch wie sieht der Alltag hinter diesen Fassaden aus? Worin besteht diese magische Anziehungskraft? Und zu welchem Preis ist ein Leben in dieser Metropole überhaupt erst möglich?
Paris – die Stadt der Liebe, die Stadt des Lichtes, die Hauptstadt Frankreichs hat viele Spitznamen, denn sie ist so vielfältig wie kaum eine andere Stadt. Es gibt Museen und Opernhäuser, Parks und Boutiquen, kleine Chateaus (Schlösser) und Kirchen, Patisserien und Frommagerien, neben kleinen Cafés, die auf die Straße hinaus gehen, und alles vereint durch das von Haussman entworfene Stadtbild, bestehend aus den großen Boulevards, die die Achsen von Paris sind, und den neoklassischen Fassaden. Dieser einzigartigen Stadt, die um der Schönheit, zugleich aber auch der Effizienz halber komplett neu strukturiert wurde, scheinen deswegen andere Regeln zu gebühren als anderen Städten dieser Welt. Was in Bonn mit kritischen Blicken der Älteren unserer Gesellschaft quittiert wird, stört in Paris niemanden, rote Ampeln gelten nicht für Fußgänger in Paris, jeder muss immer irgendwo hin, ist in Eile – „Paris bedeutet laufen“, so der berühmte französischen Schriftsteller Victor Hugo. Auch folgen die Métros, wie hier die U-Bahnen genannt werden, keinem Fahrplan, da alle drei bis vier Minuten der Bahnsteig schon so überfüllt ist, dass eine neue Bahn notw endig ist, in die sich die eiligen Passanten zwängen wie die sprichwörtlichen Sardinen in der Dose. Und manchmal fahren gleich drei Busse der gleichen Linie hintereinander her.
In der Métro ertönen die Sicherheitshinweise nicht nur auf Französisch, sondern auch noch auf Italienisch, Englisch, Deutsch und Chinesisch, denn obwohl die französische Sprache wohl behütet und verteidigt wird, sind die Franzosen doch fleißig beim Erlernen fremder Sprachen. Die Schule, die ich besuche, bietet Englisch, Deutsch, Spanisch, Altgriechisch, Latein und sogar Chinesisch an und bei anderen Schulen stehen noch andere Sprachen wie Russisch oder Italienisch auf dem Programm. Außerdem kommen Leute aus aller Welt, um an den zahlreichen Kultur-Events teilzuhaben, wie z.B. den Kunstmessen im Grand Palais oder natürlich den Modeschauen der zahlreichen Modehäuser, allen voran Chanel.
Eine der teuersten Städte der Welt
Als Nicht-Pariser kommt einem, wenn man an die Großstadt denkt, wahrscheinlich als erstes der Eiffelturm in den Sinn oder das romantische Klischee von den Parisern, die mit einem Baguette unterm Arm gemächlich durch die Straßen und Parks vorbei an bekannten Sehenswürdigkeiten spazieren. Diese Szene erweist sich aber tatsächlich nur als Klischee – zumindest unter der Woche. In Paris zu leben hat nämlich seinen Preis: Der durchschnittliche Quadratmeterpreis in der Bonner Südstadt, dem teuersten Viertel, beträgt 5.732,87 Euro, im 6. Arrondissement in Paris dagegen 10.640 Euro. Und auch die Preise für Lebensmittel und Alltagsgegenstände sind teurer. Deshalb arbeiten alle viel und lange, um mit den schwindelerregenden Preisen mithalten zu können.
Lange Schultage und viel Kultur
Auch die Schule ist länger und anstrengender und das schon ab einem frühen Alter. Das Schulsystem in Frankreich ist sehr hart und viel hängt davon ab, ob man es auf die richtige Schule schafft, deswegen ist der Druck um so größer. Die Grundschule ist ähnlich wie in Deutschland. Danach kommt man auf das so genannte Collège, das unserer Unter- und Mittelstufe entspricht, und dann auf das „lycée“, sozusagen die Oberstufe. Anders als bei uns findet die obligatorische Französisch-Prüfung des Baccalaureat, dem französischen Schulabschluss, aber schon in der elften Klasse statt. Allerdings heißt diese nicht Elfte oder Q1 wie bei uns, sondern „premiere“. Die Klassen fangen an mit der „sixieme“, das entspricht den Sextanern, also der fünften Klasse, heruntergezählt bis zur „troisieme“, und dann folgen im lycée „seconde“, „premiere“ und schließlich „terminale“. Die Schule, an der ich meine Zeit in Paris verbringe, beginnt entweder um 8 Uhr oder um 8:30 Uhr, kann aber auch bis 18:00 Uhr dauern, und die Stunden dauern 50 – 55 Minuten. Und auch an Samstagen gibt es hier Schule, sogar öfter als zwei Mal pro Monat, an denen oft die „DSTs“ geschrieben werden – die Arbeiten. Ähnlich wie bei uns die Freitage sind hier die Mittwochnachmittage frei.
An Wochenenden sind auch die Pariser freilich für einen Spaziergang durch den Park oder einen Museumsbesuch zu haben, allerdings muss dies alles im Voraus geplant sein, wenn man nicht zwei Stunden lang Schlange stehen möchte. (Dies gilt natürlich nicht für alle Sehenswürdigkeiten.) Manche haben aber auch ein „maison de campagne“ – eine Art kleines Landhaus etwas außerhalb von Paris, wo die Wochenenden in Ruhe, ohne Straßenlärm, verbracht werden können. Ein Klischee besteht allerdings zurecht: Die Liebe zum Baguette und guter Küche. In Frankreich beginnt und endet jeder Tag mit Baguette, und man begegnet auch regelmäßig Parisern auf dem Heimweg nach einem langen Arbeitstag, eine Schiebermütze auf dem Kopf, in einer Hand eine Aktentasche und zwei Baguettes unter den Arm geklemmt. Generell ist das Thema Essen in Frankreich sehr wichtig, und die Frage, wie es mir denn in Paris gefalle, wurde mit der Zustimmung suchenden Aussage, in Frankreich esse man gut, oder nicht, ergänzt. Das muss man den Franzosen lassen – vor allem, was Gebäck und kleine süße Teilchen betrifft, sind sie wahre Meister.
Der Reiz dieser Stadt besteht, meiner Meinung nach, nicht aus einzelnen Dingen oder Orten, sondern aus dem Gesamtbild, dem Lebensgefühl Paris. Seine Vielfalt und unendlichen Möglichkeiten, die Kultur an jeder Ecke, den Bewohnern, die zwar immer in Eile sind, aber sich trotzdem immer noch höflich mit einem freundlichen „bonjour monsieur“ oder „bonjour madame“ begrüßen, und natürlich auch ein bisschen das malerische Klischee.
Autorin: Emma Latz
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