Seit dem Beginn der Covid-19-Pandemie ist das oberste Ziel von Wissenschaft und Politik, Medikamente und Impfstoffe zu finden, mit denen das Virus erfolgreich bekämpft werden kann. So entwickelten Forscher in Deutschland und weltweit frühzeitig Impfstoffe und Strategien, um die Ansteckung mit diesem Virus sowie schwere Krankheitsverläufe möglichst zu verhindern. Hintergrund war, dass vielen eine Impfung als bester Ausweg aus der Krise erschien. Und tatsächlich gelang dies gleich im ersten Jahr der Pandemie, als mit Hilfe neuartiger Technologien sehr gut funktionierende Impfstoffe (u.a. auf mRNA Basis) entwickelt und produziert werden konnten.
Jedoch erschien die Idee der Impfung, wie auch die übrigen Corona Maßnahmen, nicht allen sofort einleuchtend, sodass es zu häufigen Streitigkeiten kam. Viele BürgerInnen fingen an zu protestieren, da sie sich in ihren Grundrechten verletzt fühlten. So empfanden sie, dass ihre Freiheitsrechte eingeschränkt würden, da sie zum Beispiel auf Grund der Maskenpflicht gezwungen waren, sogenannte „Maulkörbe“ zu tragen. Darüber hinaus haben viele Menschen Sorge vor möglichen Nebenwirkungen einer Covid-19-Impfung oder halten die Krankheit schlichtweg nicht für gefährlich.
Umgekehrt sind jedoch viele Befürworter der Impfung der Meinung, dass es unsolidarisch sei sich nicht impfen zu lassen, da Ungeimpfte sich mit ihrer Entscheidung nicht nur selbst gefährden, sondern auch ihr Umfeld. So wird zum Beispiel die Kapazität im Krankenhaus immer geringer, da etwa die Hälfte der Intensivbetten von Coronapatienten belegt sind, wovon etwa 70% umgeimpfte Patienten sind (swp.de). Dadurch mangelt es nicht nur an Platz, sondern auch an Zeit, um andere Patienten zu behandeln. Infolgedessen werden zum Beispiel Tumor-Operationen und andere Therapien verschoben, da diese Patienten nicht in akuter Lebensgefahr schweben.
Zudem ist die Ansteckungsgefahr bei Ungeimpften deutlich höher (Allgemeine Feststellung des RKIs), weshalb diese überwiegend für die Verbreitung des Virus verantwortlich sind. Dadurch verlieren immer mehr Geimpfte das Verständnis für Impfverweigerer, da sie der Meinung sind, dass alle anderen unter ihrer Entscheidung leiden müssen. Denn sie trügen die Schuld daran, dass, so wörtlich, „wir noch immer in dieser Pandemie leben“, dass weiterhin „niemand zu seinem Alltagsleben zurückkehren kann“ und „Ältere in Einsamkeit sterben müssen“.
Im Lauf der Zeit bildeten sich aufgrund der neu eingeführten Regelungen mehrere Gruppen in der Gesellschaft. Dazu zählt zum Beispiel die sogenannte Gruppe der „Querdenker“. Als Querdenker werden in der Regel BürgerInnen bezeichnet, welche an Protesten gegen die verordneten Schutzmaßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie teilnehmen. Aufgrund der völlig konträren Positionen, welche sich in Bezug auf die Pandemie zeigen, scheint es zu einer Spaltung innerhalb der Gesellschaft zu kommen. Zudem wird auch eine nahende Impfpflicht von vielen BürgerInnen als Bedrohung empfunden. Dies liegt vor allem an dem mangelnden Vertrauen, welches die DemonstrantInnen in die Regierung und die Medien haben. Sie fühlen sich unterdrückt, haben das Gefühl nicht gehört und in ihrer Entscheidungsfreiheit gehemmt zu werden. Infolgedessen finden sich viele DemonstrantInnen auf den Straßen wieder, da sie sich in ihren Freiheiten und Rechten eingeschränkt sehen, und meinen für diese einstehen zu müssen. Während dieser Proteste kommt es jedoch häufig zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, da Corona-Regeln von den TeilnehmerInnen der Proteste meist nicht ernst genommen und manchmal sogar vollständig ignoriert werden.
Die Proteste gegen grundsätzliche Regelungen stellen jedoch nicht die einzige Ursache für die Spaltung der Gesellschaft dar. Denn neben der insgesamt eher überschaubaren Anzahl an Protestierenden hält ein kleiner, aber dennoch nicht unbedeutender Teil der Bevölkerung, die Impfung für fragwürdig, während die Mehrheit diese als unbedingt notwendig erachtet. Das heißt, dass sich die Gesellschaft auch jenseits der Proteste auf den Straßen während Debatten und vor allem auch in den sozialen Medien spaltet. Zurzeit sind etwa 48,3% der Weltbevölkerung vollständig geimpft. Es ist jedoch wichtig zu erwähnen, dass sich die restlichen 51,7% nicht zwangsläufig gegen die Impfung entschieden haben (impfdashbord.de). So ist besonders in Entwicklungsländern die Menge an Impfstoffen nach wie vor begrenzt. Zudem sind einige Menschen aufgrund ihres gesundheitlichen Zustands nicht in der Lage, sich impfen zu lassen, da ihr Immunsystem zu schwach ist, oder sie an seltenen Krankheiten wie etwa TTS, dem Thrombozytopenie-Syndrom leiden, das eine Impfung verhindert. Auch Kinder unter 16 Jahren waren bis vor kurzem von der Impfung ausgeschlossen, weshalb vor allem in Deutschland nach der Regeländerung die Impfquote in die Höhe schoss. Zum jetzigen Zeitpunkt (01.01.2022) sind 71,2% der deutschen StaatsbürgerInnen vollständig (doppelt) und knapp 40% sogar dreifach geimpft. Weitere 3% sind zumindest schon einmal geimpft.
Umgekehrt bedeutet dies aber auch, dass nach wie vor 25,8% der Bevölkerung nicht geimpft sind, wobei 4,8% davon Kinder unter 4 Jahren sind, für die es nach wie vor keinen zugelassenen Impfstoff gibt. Damit verfügen aber immer noch 21% der Erwachsenen über keinen Impfschutz (impfdashbord.de).
Gründe dafür, wieso viele Menschen eine Impfung verweigern, wurden zum Teil bereits erwähnt. Neben der Sorge vor möglichen Nebenwirkungen und der Bagatellisierung der Krankheit, sind dies nicht selten der mangelnde Zugang zu Informationen aufgrund von Sprachbarrieren sowie, zumindest in manchen Fällen, Bequemlichkeit oder Unentschlossenheit. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wer oder was unsere Entscheidung für oder gegen eine Impfung beeinflusst.
Hier spielen viele Faktoren, wie der Einfluss der Familie und von Peer Groups, aber auch das soziale Umfeld im Allgemeinen sowie traditionelle und soziale Medien eine Rolle, die im Folgenden näher erläutert werden.
An erster Stelle ist dabei die Familie zu nennen: Sie beeinflusst unsere Entscheidungen, sei es gewollt oder ungewollt. Unabhängig vom jeweiligen Lebensabschnitt, in dem man sich befindet, ist sie von großer Bedeutung, denn schließlich verbringen wir die meiste Zeit unseres Lebens in einer Familie, sei es die ursprüngliche, oder später die selbst gegründete. Nicht zuletzt in einer Partnerschaft beeinflussen unsere Meinung und unsere Entscheidungen die des anderen. Besonders wenn man noch minderjährig ist, dauert es, bis man tatsächlich frei entscheiden kann und die eigenen Eltern nicht mehr für und über einen entscheiden. Daher prägen die Wertvorstellungen, Ansichten und Meinungen der Eltern unsere eigene Lebenseinstellung und somit auch unser gesamtes Leben in besonderer Weise.
So können einem Kind aufgrund einer bestimmten Entscheidung der Eltern (etwa gegen eine Impfung) gewisse Erlebnisse entgehen. Beispielsweise an Schulen sind, seit es für alle die Möglichkeit gibt, sich impfen zu lassen, Einschränkungen für Ungeimpfte in Kraft getreten, um einen möglichst großen Anreiz zur Impfung zu schaffen. Eine der Regeln ist, dass nur geimpfte SchülerInnen an Klassenfahrten teilnehmen dürfen.
Die eigentliche Einführung dieser Regelung wurde so auch schon am Aloisiuskolleg geplant, jedoch werden dadurch diejenigen von diesem Erlebnis ausgeschlossen, welche sich gegen die Impfung entschieden haben. Daraus resultieren entsprechend immer wieder Auseinandersetzungen mit den Familien der ungeimpften SchülerInnen, da die Reglementierung, als Ausgrenzung wahrgenommen wird. Die Bildung von zwei Lagern wird somit schon in der Schule und dem Klassenverband deutlich. Denn nun heißt es: Entweder man ist geimpft oder ungeimpft. Aufgrund dessen befürchtet so auch der Bundeselternrat Mobbing gegenüber ungeimpften SchülerInnen.
Aber auch außerhalb der Schule hat die Haltung zur Impfung inzwischen massive Konsequenzen, da auch im Alltag das Leben vieler eingeschränkt wird. Denn oft kann man nur mit einem Impfnachweis oder dem Status ,,genesen“ Läden, Clubs, Kinos usw. betreten. Aktivitäten und Unternehmungen, welche in der Vergangenheit ,,normal“ waren, können nun also unerreichbar sein, sofern man eine Impfung verweigert.
Auch das soziale Umfeld spielt eine große Rolle. So werden wir bei unserer persönlichen Meinungsbildung immer auch von der Meinung anderer beeinflusst. Oft „schwimmen“ wir Menschen lieber mit dem Strom und schließen uns der Mehrheit an. Wir versuchen uns anzupassen und übernehmen daher meist die Position des Mainstreams, ohne uns weiter damit auseinanderzusetzen.
Dies betrifft nicht zuletzt auch die Meinungsbildung an der Schule. Auch hier werden Kinder nicht selten von einer bestimmten politischen Position beeinflusst und übernehmen diese, ohne sich dessen bewusst zu sein und vorher ein eigenes Urteil gebildet zu haben. Denn egal wie objektiv eine Lehrkraft zu unterrichten bemüht ist, ist es dennoch nahezu unmöglich für diese, ihre eigene Meinung ganz außen vor zu lassen. Wenn man zum Beispiel politische Ereignisse beurteilt, steht die eigene Meinung letztlich doch im Vordergrund, welche dann absichtlich oder unabsichtlich die Zuhörer in einer gewissen Art und Weise beeinflusst.
Neben den Lehrern an der Schule trägt auch die sogenannte „Peergroup“, eine soziale Gruppe mit großem Einfluss, der sich ein Individuum zugehörig fühlt, wesentlich zur Meinungsbildung bei. Dies liegt vor allem daran, dass spätestens mit der Pubertät der Freundeskreis immer wichtiger wird und andere Faktoren, wie zum Beispiel die Familie und Lehrkräfte in den Hintergrund rücken. Durch das Gefühl der Zugehörigkeit baut sich Vertrauen auf, weshalb man den übrigen Mitgliedern mehr Möglichkeiten einräumt, auf einen selbst Einfluss nehmen, da deren Positionen kaum noch hinterfragt werden.
Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor sind schließlich die Medien. Egal wohin man geht, wird man immer mit den neuesten Nachrichten konfrontiert, sei es über das Radio, den Fernseher, die Zeitung usw. Neben dem seriösen Journalismus ist das Internet mittlerweile aber auch von sogenannten „Fake News“ überflutet. Besonders verbreitet sind diese im Bereich der sozialen Medien, in denen sich Meinungsblasen bilden, sei es auf Facebook, Twitter oder auf anderen Plattformen. Abhängig vom eigenen Meinungsbild, erhält der Betrachter vor allem Beiträge, die seinen Vorstellungen entsprechen, sodass sich in seiner Position bestärkt sieht. Dies kann letztlich zu einer Polarisierung und Radikalisierung der Meinungen führen. Hinzu kommt, dass in sozialen Medien kaum Regeln (wie etwa im klassischen Journalismus) gelten und letztlich jeder seine Meinung verbreiten kann, ohne dass diese faktenbasiert oder belegt sein muss. Die Konsequenzen der Verbreitung von solch falschen Informationen fallen teilweise sehr schwerwiegend aus, da viele, die auf jenen Plattformen eingeloggt sind, nicht politisch engagiert ist und somit über kein ausreichendes Wissen zu der politischen Lage verfügt, wodurch Fake News nicht von wahrheitsgetreuen Nachrichten unterschieden werden können.
Ein konkretes Beispiel, wie soziale Medien zur Spaltung der Gesellschaft beitragen, sind ,,Hetzvideos“, die auf Plattformen wie TikTok und YouTube veröffentlicht werden. Diese Videos thematisieren unter anderem das Wohlergehen der Geimpften bzw. Ungeimpften in der Zukunft, wobei beispielsweise Geimpfte in 100 Jahren als Zombies dargestellt werden. Selbst, wenn diese Videos in erster Linie der Unterhaltung dienen und niemanden beleidigen sollen, kommt es dennoch zu hitzigen Diskussionen in der Kommentarspalte. Unter dem Deckmantel der Anonymität schwindet entsprechend auch die Hemmschwelle und so kommt es ständigen verbalen Angriffen zwischen VertreterInnen unterschiedlicher Positionen. Entsprechend wird die Distanzierung voneinander größer und die Bereitschaft, zuzuhören, geringer.
All diese Erkenntnisse machen deutlich, dass die Gesellschaft durch die Frage Impfung – ja oder nein – in jedem Fall tief gespalten wurde. Dies erfolgte zum einen aufgrund des mangelnden Verständnisses der jeweils anderen Position, aber auch aufgrund einer Bildung zweier sich diametral gegenüberstehender Gruppierungen, die wiederum von Meinungsmachern, so zum Beispiel Peergroups und Social Media, verstärkt wurde und wird.
So ist mittlerweile oftmals nur noch von „Geimpften“ vs. „Ungeimpften“ die Rede. Das Zusammengehörigkeitsgefühl der Gesellschaft geht dabei mehr und mehr verloren. Somit stellt sich als Nächstes die Frage, wie man wieder für mehr Verständnis untereinander sorgen kann, um die entgegenstehenden Gruppen einander wieder anzunähern. Dabei scheint vor allem Respekt vor der Meinung des anderen ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg zu sein. Ein weiteres Thema ist die Prüfung und Verbreitung von Falschmeldungen. Da diese oftmals die Ursache für Streitigkeiten zwischen den verschiedenen Seiten darstellen, sollte jeder prüfen, ob eine Nachricht wirklich auf Fakten basiert, bevor er sie weiterleitet. Dies gilt auch für das Teilen von Artikeln, denn nicht selten werden auf Twitter oder anderen Plattformen Zeitungsartikel verbreitet, bei welchen die Leser den eigentlichen Anhang gar nicht öffnen, sondern lediglich dem Titel Aufmerksamkeit schenken. Viele Autoren machen dabei bewusst Gebrauch von aufreißerischen Schlagzeilen, welche die Leser zum Anklicken des Artikels bewegen sollen. Auf diesem Weg werden Fake News immer weiterverbreitet und werden schließlich als wahr angesehen, da sie in aller Munde sind. Es liegt aber in den meisten Fällen das genaue Gegenteil vor, da die Titel entweder falsche Informationen verbreiten oder absichtlich missverständlich formuliert wurden. So stellt die Verbreitung von Fake News nicht zuletzt deshalb eine große Gefahr dar, da sie, wenn man sie nicht identifizieren kann, die Meinungsbildung stark beeinflussen.
Von daher sollte jeder seinen Beitrag dazu leisten, dass die beiden Gruppen wieder zueinander finden können. Denn ohne Respekt und Verständnis untereinander, gerade auch beim Thema Impfung, werden wir alle unter den Auswirkungen der Spaltung unserer Gesellschaft leiden. Ohne Zusammenarbeit und Respekt ist die Bekämpfung des Virus unmöglich, sodass es unsere oberste Priorität sein sollte, unser Land wieder zu vereinen.
Verfasst von Lilli Schutz
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