Am 8. Dezember 2021 wählte der Deutsche Bundestag den ehemaligen Bundesfinanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz mit 53,7% der Stimmen zum neuen Bundeskanzler. Sein Kabinett? Eine absolute Neuheit auf Bundesebene: Erstmalig regiert ein Bündnis aus drei sehr unterschiedlichen Parteien. Eine Ampel-Koalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der FDP. Doch was so unterschiedlich scheint, verbindet alle drei miteinander: Der Wunsch, Deutschland zu modernisieren und ein progressives Regierungsbündnis zu bilden.
Das zeigt sich bereits in der Zusammensetzung des Kabinetts Scholz: Erstmalig sind die Ministerien paritätisch mit Frauen und Männern besetzt. Eine andere Modernisierungshoffnung ist die veränderte Kompetenzverteilung der Ministerien: Das Wirtschafts- und das Außenministerium werden um klimapolitische Zuständigkeiten erweitert und das Verkehrsministerium erhält mehr Kompetenzen für Digitales. Zudem setzten sich die Ampel-Koalitionäre das Ziel, in den nächsten Jahren mehr zu bauen, weshalb ein neues Ministerium geschaffen wurde: Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen.
Wie in den vergangenen Legislaturperioden stellt auch dieses Mal die stärkste Partei den Bundeskanzler. Olaf Scholz ist der vierte sozialdemokratische Regierungschef in der Geschichte der Bundesrepublik. Scholz rechte Hand wird wie in den letzten Jahren sein langjähriger Vertrauter Wolfgang Schmidt sein, der zum Chef des Bundeskanzleramtes und zum Bundesminister für besondere Aufgaben ernannt wurde.
Stellvertreter des Bundeskanzlers ist der Co-Vorsitzende der Grünen Robert Habeck. Er leitet das Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und hat in den nächsten vier Jahren die Aufgabe, Ökonomie und Ökologie miteinander zu verbinden.
Vize-Vize-Kanzler wird der FDP-Chef Christian Lindner. Habeck und Lindner hatten während des Wahlkampfes beide ihr Interesse am Finanzministerium bekundet. Die Liberalen haben sich durchgesetzt und Lindner kontrolliert ab sofort die Staatsfinanzen.
Für viele überraschend ist sicherlich die neue Innenministerin Nancy Faeser. Die hessische Sozialdemokratin will in dieser Legislaturperiode vor allem stärker gegen die Gefahren des Rechtsextremismus vorgehen.
Annalena Baerbock wird im internationalen Bereich als erste deutsche Außenministerin arbeiten. Außerdem wird sie Deutschland in der UN-Klimakonferenz vertreten. Ob sie dort das Wahlversprechen der Grünen und somit die Wünsche der Grünen Wähler*innen nach dem globalen Vorrang für den Klimaschutz erfüllen kann, wird sich zeigen.
Der ehemalige 1. Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion Marco Buschmann wird neuer Justizminister. Als Parlamentarier legte er einen besonderen Schwerpunkt auf den Schutz von Bürgerrechten und plädierte für eine stärkere Parlamentsbeteiligung bei Entscheidungen über die Corona-Maßnahmen.
Hubertus Heil wird auch in dieser Legislaturperiode das Ministerium für Arbeit und Soziales leiten. Diesmal wird er sich vor allem um die Einführung des Bürgergeldes, als Ablösung von Arbeitslosengeld II, und die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro kümmern müssen.
Auch Christine Lambrecht ist in diesem Kabinett wieder dabei. Sie wechselte vom Justiz- ins Verteidigungsministerium. In ihrer neuen Zuständigkeit möchte sie unter anderem die Bundeswehr besser ausrüsten.
Um das Landwirtschaftsministerium gab es bei den Grünen starke parteiinterne Streitigkeiten. Sowohl Anton Hofreiter vom linken Parteiflügel als auch Cem Özdemir vom „Realo-Flügel“ wurden für dieses Ministerium gehandelt. Auch wenn Özdemir bisher nicht als Experte auf diesem Gebiet galt, konnte er sich gegen seinen Parteikollegen durchsetzen.
Anne Spiegel leitet ab sofort das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Sie hat bereits Regierungserfahrung in Rheinland-Pfalz als Ministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität sammeln können.
Bei der Besetzung des Gesundheitsministeriums ließ sich die SPD lange Zeit. Talkshowkönig und Corona-Experte Karl Lauterbach wird in den nächsten Jahren hauptsächlich die Corona-Pandemie in den Griff bekommen müssen.
Viele Grünen-Änhänger*innen stört, dass das Verkehrsressort an die FDP fiel. Der ehemalige FDP-Generalsekretär und rheinland-pfälzische Verkehrsminister Volker Wissing lehnte bereits im Wahlkampf ein generelles Tempolimit auf den deutschen Straßen ab. Da der FDP der Wunsch des Bundesministeriums für digitale Transformation nicht erfüllt werden konnte, wird Volker Wissing das liberale Ziel der Digitalisierung in seinem Ministerium umsetzen müssen.
Dass das Ministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz an die Grünen gehen wird, war bereits zu Anfang der Koalitionsverhandlungen klar. Umwelt- und Naturschutzexpertin Steffi Lemke zieht in dieses Ministerium ein.
Ein weiteres neues Gesicht ist FDP-Politikerin Bettina Stark-Watzinger, die zur Bundesministerin für Bildung und Forschung ernannt wurde. Von 2017 bis 2020 war sie Vorsitzende des Finanzausschusses und parlamentarische Geschäftsführerin der FDP-Fraktion.
Svenja Schulze leitet das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Sie kann bereits Regierungserfahrung als ehemalige Bundesumweltministerin und Forschungsministerin des Landes NRW vorweisen.
Das neue Bauministerium besetzt Klara Geywitz. Gemeinsam mit Scholz scheiterte sie 2019 bei der Wahl zum SPD-Vorsitz. In ihr neu geschaffenes Bundesministerium wurden zwei Abteilungen des Innenministeriums übertragen.
Das Team von Olaf Scholz steht jetzt. In den nächsten vier Jahren wird sich zeigen, ob Bundeskanzler Scholz mit seinem Kabinett einen Aufbruch in Deutschland organisieren kann und die Ziele des gemeinsamen Ampel-Koaltionsvertrages „Mehr Fortschritt wagen. Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit.“ umsetzen kann.
Verfasst von Thomas Jobelius
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